Wie non-formales Lernen richtig gestaltet wird
Beim non-formalen Lernen werden Jugendliche auf freiwilliger Basis in den Lernprozess einbezogen und steuern ihr Lernen selbst. Dabei werden sie von Begleitpersonen unterstützt. Ein Projekt der Compagnie Digestif zeigt auf, wie non-formales Lernen umgesetzt werden kann.
Im Projekt ConneXt lädt die Compagnie Digestif 45 kunstaffine Menschen aus Serbien und der Schweiz ein, sich auf kreativen Wegen über die eigenen künstlerischen und kulturellen Hintergründe auszutauschen und damit zur Verständigung zwischen Menschen und Regionen beizutragen. Zudem soll ein starkes Beziehungsnetzwerk etabliert werden, das nach ConneXt weiter besteht und eine Grundlage für weitere schweizerisch-serbische Kulturbegegnungen schafft.
Mit ihrer Partnerorganisation Panonika aus Serbien hat die Compagnie Digestif ein grobes Programmgerüst ausgearbeitet. Diesen Vorschlag können die Teilnehmenden vor Beginn der Jugendbegegnung in einem Onlineforum kommentieren. Zudem können sie sich bereits für sogenannte Skill-Sharing Sessions eintragen, bei welchen sie in einem Workshop ihr Können mit den anderen Teilnehmenden teilen. Ebenfalls im Vorfeld beantworten sie Fragen wie, wo sie zurzeit stehen, warum sie bei ConneXt teilnehmen und wie ConneXt ihnen dabei helfen kann, wie sie sich weiterentwickeln möchten. Des Weiteren können sie ihre Fragen zu den Themen der Jugendbegegnung stellen. Diese Fragen bereiten den Nährboden für den Lernprozess. Die aktive Einbindung gleich zu Beginn des Projekts verstärkt die Lernerfahrung. Darum ist es bei Jugendbegegnungen wichtig, die Teilnehmenden in alle Projektphasen miteinzubeziehen.
Die Hauptelemente zum Austausch über Bühnenkunst und die eigene Landeskultur sind das Skill-Sharing, die Teambuilding-Aktivitäten und die Diskussionsrunden. Während es beim Skill-Sharing um die fachlichen Fähigkeiten der Bühnenkunst geht, stehen bei den Teambuilding-Aktivitäten die Menschen und das Miteinander im Zentrum. Die Diskussionsrunden bilden die Synthesen aus den Skill-Sharing- und Teambuildingaktivitäten. Hier werden kulturelle wie künstlerische Ähnlichkeiten und Unterschiede thematisiert. In kleinen Gruppen werden konkrete Fragen gestellt wie: «Was bedeutet für mich «Heimat»?» oder «welchen Stellenwert hat «Tradition» für mich?».
Die Teambuilding-Aktivitäten sind von Theaterpädagogen/innen konzipiert. Sie bestehen aus viel Improvisationstheater und Spontanität. Dabei geht es auch um die eigenen Geschichten der Teilnehmenden und darum, sich als Menschen kennen zu lernen. Die Teambuilding-Aktivitäten sind entscheidend bei ConneXt. Sie tragen dazu bei, dass sich professionelle sowie nicht-professionelle Künstler/innen wohl fühlen, sich niemand fehl am Platz fühlt und es keine Cliquen unter den Teilnehmenden gibt. Ein Beispiel einer Aktivität ist ein 20-minütiger Spaziergang, zu dem man eine Person auswählt, die man noch nicht kennt. Während des Spaziergangs lernt man sich persönlich besser kennen und manchmal kommt es zu überraschenden Erkenntnissen.
Ein weiteres wichtiges Element bei ConneXt sind die «Evening Reflections und Safe Groups», welche täglich stattfinden. Dieser Programmpunkt, bei dem alle zusammensitzen, bietet einen sicheren Raum, um sich mitzuteilen. Die Teilnehmer/innen dürfen sich auch kritisch äussern. Wichtig dabei: die anderen Teilnehmenden dürfen das Gesagte nicht kommentieren. Ein sogenannter «Talking Stick» ist solange bei einer Person, wie diese spricht oder ihn zu einem Moment der Stille nutzt. Die «Evening Reflections und Safe Groups» dienen der Wahrnehmung und Achtsamkeit in der Gruppe, aber auch dazu, einen Bezug zu den Fragen zu nehmen, welche sie im Vorfeld beantwortet haben.
Ebenfalls einen wichtigen Bestandteil des Programms bilden die sogenannten «Recreative Islands». Sie finden jeweils nach dem Frühstück, vor und nach dem Mittagessen und nach dem Abendessen statt und bieten einen freien Raum, in welchem auch informelles Lernen stattfinden kann. Die Teilnehmenden sind dann frei in der Gestaltung ihrer Zeit. Sie können sich beispielsweise am Lagerfeuer aufhalten, miteinander Gitarre spielen oder einfach zusammensitzen und haben dabei Gelegenheit, sich auf eine andere Weise kennen zu lernen. Sie dienen wie Pausen in der Schule dazu, dass sich das Gelernte setzen kann.
Eine interessante Methode der Jugendbegegnung ist die sogenannte DAS Theatre Feedback Method, welche einen Bogen zwischen Kunst und Kultur spannt und von der Amsterdam University of the Arts entwickelt wurde. Sie bietet einen pragmatischen Ansatz zum Erschliessen interkultureller und multi-disziplinärer Kontexte, da sie nicht von einer «objektiven Wahrheit» ausgeht und es ermöglicht, Kritikpunkte auf konstruktive Weise zu äussern. So werden Hindernisse zu Möglichkeiten, Konflikte zu Bereicherungen und Urteile zu diskutierbaren Meinungen.
Die Compagnie Digestif spricht von einem «klaren Kompass», einem klaren Rahmen, welchen sie für das Programm haben. Dennoch möchten sie den Teilnehmenden die Möglichkeit geben, dass sie das Programm mitgestalten können. Den Rahmen und die Mitgestaltungsmöglichkeiten möchten sie in einer guten Balance halten, damit sich die Teilnehmenden einerseits sicher und begleitet fühlen, aber andererseits auch Gelegenheiten haben, das Programm auf ihre Lernbedürfnisse anpassen zu können. Das Organisationsteam tauscht sich tagsüber, aber vor allem abends zur Dynamik der Gruppe und zum aktuellen Stand bezüglich der Lernziele aus und entscheidet sich dann zu allfälligen Anpassungen im Programm. Denn das Programm soll kein Pflichtprogramm zum Abarbeiten sein, sondern den Teilnehmenden zeigen, dass sie dabei sind, weil sie dabei sein möchten und somit auf freiwilliger Basis am Lernprozess teilnehmen. Die Überprüfung der Lernziele erfolgt am Ende des Programms mit einem Fragebogen. Dieser Fragebogen zeigt ConneXt auf, in welchem Masse die Teilnehmenden die Lernziele erreicht haben. Den Teilnehmenden bietet er Gelegenheit, nachzuvollziehen, was sie gelernt haben und was für sie nützlich war.
Movetia hat das Projekt ConneXt im Rahmen von Jugend in Aktion als Jugendbegegnung gefördert.