Show Me The Value – Wirkung internationaler Kooperation

Der Abschluss eines internationalen Kooperationsprojekts markiert nicht das Ende seiner Wirkung. Oft entfalten die Ergebnisse erst danach ihr volles Potenzial – sei es in der Weiterentwicklung von Lehre und Institution, in der persönlichen Entwicklung der Beteiligten oder in der Gesellschaft. Eine Umfrage von Movetia liefert wertvolle Einblicke. 

Bei individuellen Mobilitäten steht die persönliche internationale Erfahrung im Mittelpunkt. Kooperationsprojekte hingegen bringen Fachpersonen aus Bildung und Lehre mit internationalen Partnerinstitutionen zusammen, um ein gemeinsames Produkt zu entwickeln. Dieses soll bestehende Lücken im Bildungssystem schliessen – zum Beispiel durch neue didaktische Methoden oder innovative Lehrmodule.

Der Nutzen von Kooperationsprojekten zeigt sich in zwei Etappen: Einerseits sind direkte Effekte unmittelbar sichtbar (Projektresultate), andererseits entstehen auch längerfristige Impulse (Impact) für die beteiligten Institutionen und das Bildungssystem als Ganzes. Movetia hat diese Impulse genauer untersucht.

Die internationale Zusammenarbeit in der Bildung trägt zu deren nachhaltigen Entwicklung bei. Internationale Kooperationsprojekte schaffen einen Bildungsmehrwert, indem sie reziprok eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem Thema ermöglichen. Es handelt sich dabei nicht um den einseitigen Transfer von Fachwissen, sondern um den Perspektivenwechsel und das Voneinander-Lernen. 

Um diese Zusammenarbeit gezielt zu fördern, unterstützt Movetia seit 2017 in der Hochschul- und Höheren Berufsbildung institutionelle Kooperationen, unter anderem über zwei Förderlinien: das «Schweizer Programm für Erasmus+ für europäische Partnerschaften» sowie das weltweit ausgerichtete Förderinstrument «Internationales Programm». 

Movetia Umfrage an Hochschulen

Um diesen Mehrwert besser zu verstehen, führte Movetia 2024 eine Umfrage bei den Leitungen von 50 abgeschlossenen Kooperationsprojekten in der Hochschulbildung durch. Wir haben nachgefragt, auf welche Projektergebnisse die Zuständigen am meisten stolz sind, welche Auswirkungen auf verschiedene Zielgruppen feststellbar sind und welche Erwartungen sie für die kommenden fünf Jahre haben. Insgesamt gab es eine Rücklaufquote von 30% bei der Umfrage. 

Die Projekte deckten die Themenbereiche interkulturelle Kompetenzen, Kompetenzaufbau, Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung und Pädagogik ab. An der Umfrage beteiligt waren sowohl Universitäten wie auch Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen. 

ETH ZürichFHNWHEG ArcPH BernPH Luzern
Cooperative development 
of interdisciplinary natural 
products courses
Interdisciplinary and
Intercultural Exchange
and Capacity Building
on Circular Economy
Acquérir des compétences
globales pour une
employabilité
durable 
Videovignetten in
Naturwissenschaft,
Technik und Textil -
VidNuT 
A European Network
for Digital Undergraduate
Research
     
PH ZugSUPSI SUPSI SUPSI-DTIUNIGE & UZH
Blackbox
Balkan/Schweiz
TOBP –
Transcultural Open Badges
Platform for Migrant
Designing With. A
New Educational Module
to Integrate ML, AI, 
and DV in Design Curricula
Let's use biodegradable
plastic for the future -
FutureBIO
UPgrading the SKIlls
of Linguistics and
Language Students
(UPSKILLS)
     
UNILUNISGZHdKZHAW 
Lausanne-Madagascar
exchange in
environment and
development
Negotiating the Amazon: 
Sustainable
Entrepreneurship 
in the Amazon
Learning from
Inequality
Tackling Climate Change
through Global Learning -
Virtual Summer School
 

Zu den direkten Erfolgen zählen die Durchführung von Summer Schools mit kulturell vielfältigen Studierendengruppen, die Entwicklung neuer Lehrmaterialien und didaktischer Konzepte, die Einführung neuer Lehrinhalte sowie die Integration digitaler Tools in Curricula. Auch die Förderung von Gleichstellung, der Aufbau neuer Netzwerke und die Sensibilisierung für innovative Bildungsansätze prägten die Projekte. 

Erzielte Wirkung

Die Umfrage zeigt, dass sich die Wirkung eines Kooperationsprojektes nicht nur auf die offensichtlichen Aspekte wie die Entwicklung von Lehrmitteln oder die Etablierung eines neuen Kurses beschränkt, sondern wie in einem Ökosystem einen breiten Einfluss auf die institutionelle, individuelle sowie gesellschaftliche Ebene hat. 

Unsere Umfrage-Ergebnisse spiegeln die Erkenntnisse aus der Impact Studie wieder, welche die Europäischen Kommission (2019) zu den Erasmus-Förderlinien «Strategische Partnerschaften» und «Wissensallianzen» publizierte. Die Impact Studie zeigt auf, dass insbesondere Kooperationspartnerschaften Impulse für strukturelle Verbesserungen im Bildungswesen setzen. 

Illustration der Wirkung von Kooperationsprojekten auf die institutionelle, individuelle und gesellschaftliche Ebene

Institutionneller Wandel

Lehrplanentwicklung

Erstellung und Überarbeitung von Kursen und Programmen unter Einbeziehung internationaler Perspektiven

Impact Studie: Über 90 % der Institutionen gaben an, dass Strategische Partnerschaften die Qualität und Relevanz der Lehrpläne und Lehrmethoden verbessert haben. 55 % der Strategischen Partnerschaften entwickelten neue oder aktualisierten Kurse und Lehrpläne.

Praxisbeispiel: Einführung von vier neuen Kursen an der Hochschule und Einrichtung eines Doktoratsstudiums zum Projektthema (Designing With).

Kapazitätsaufbau

Stärkung der Kapazitäten durch Digitalisierung, neuen pädagogischen Methoden und Personalschulungen

Impact Studie: 85 % der Institutionen berichteten von direkten Innovationen in ihren pädagogischen Fähigkeiten aufgrund der Teilnahme an Strategischen Partnerschaften. Bis zu 50 % führten als Ergebnis ihres Projekts neue digitale Tools in den Lehr- und Lernaktivitäten ein.

Projektbeispiel: Entwicklung von Videovignetten als Lehrmittel, Verbesserung der pädagogischen Praxis und Integration in die Lehrpersonenausbildung (VidNuT).

Entwicklung innovativer technischer Ansätze für den Bereich Sprachwissenschaften, Zweisprachigkeit und Mehrsprachigkeit (UPSKILLS).

Innovation & Forschung

Neue Forschungsbereiche, Publikationen und Innovationen in der akademischen Praxis zur Verbesserung des Bildungssystems

Impact Studie: Strategische Partnerschaften ermöglichten es den Institutionen, innovative Lehrmethoden und Lehrpläne zu entwickeln, interdisziplinärer zu arbeiten und sich besser an den Anforderungen des Arbeitsmarktes auszurichten.

Praxisbeispiel: Interdisziplinärer Studiengang hat neue Forschungsbereiche erschlossen und forschungsbasierte Lehre in den Vordergrund gestellt (Cooperative development of interdisciplinary natural products courses).

Beitrag zur Entwicklung neuer Ansätze für Micro-Credentials, insbesondere Kompetenzprofile für Gesundheitsfachkräfte (TOBP). 

Kompetenzentwicklung

Interkulturelle Kompetenzen

Entwicklung interkultureller Kompetenzen durch internationale Erfahrungen, Förderung des Bewusstseins im Ausland und an der Heiminstitution

Impact Studie: 82 % der Institutionen stellten durch die Teilnahme an Strategischen Partnerschaften eine Verbesserung der interkulturellen, zivilgesellschaftlichen und transversalen Kompetenzen der Studierenden fest.

Praxisbeispiel: Engagement der Studierenden in realen, interkulturellen Lernumgebungen (Lausanne- Madagascar exchange in environment and development).

Interkulturelles Lernen durch Studienreisen, persönliche Begegnungen und kontinuierliche Zusammenarbeit mit der kosovarischen Diaspora in der Schweiz (Blackbox Balkan/Schweiz). 

Berufliche Chancen und Perspektiven 

Unterstützung der Studierenden bei der Vorbereitung auf das Berufsleben sowie Stärkung der Personalentwicklung

Impact Studie: 89 % der Organisationen gaben an, dass ihre Strategische Partnerschaft die Abstimmung der Ausbildung an den Anforderungen des Arbeitsmarktes verbessert. 61 % der Organisationen gaben an, dass ihre Mitarbeiter:innen ihre beruflichen Kompetenzen verbessert und/oder Einblicke in neue Lehr- und Lernmethoden gewonnen haben.

Praxisbeispiel: Das Projekt hat Studierenden globale Kompetenzen für ihre berufliche Zukunft vermittelt und den Mitarbeitenden wertvolle Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung geboten (Acquérir des compétences globales pour une employabilité durable).

Unternehmertum & Führungskompetenzen

Befähigung von Studierenden und Mitarbeiter:innen, in akademischen und beruflichen Kontexten zu führen, innovativ zu sein und Veränderungen voranzutreiben

Impact Studie: Strategische Partnerschaften ermöglichten es den Institutionen, innovative Lehrmethoden und Lehrpläne zu entwickeln, interdisziplinärer zu arbeiten und sich besser an den Anforderungen des Arbeitsmarktes auszurichten.

Praxisbeispiel: Studierende durch internationale Zusammenarbeit zu globalen Changemakern befähigen und gleichzeitig neue Ideen und Motivation unter den Mitarbeiter:innen wecken (Tackling climate change through global learning).

Gesellschaftliches Engagement

Partnerschaften und Netzwerke

Stärkung der Beziehungen zu globalen Institutionen, NGOs und lokalen Gemeinschaften

Impact Studie: 90 % der Institutionen setzten ihre Zusammenarbeit auch nach Abschluss des Kooperationsprojekts fort. Die Studie liefert sowohl quantitative als auch qualitative Belege dafür, dass Strategische Partnerschaften im Hochschulbereich zur Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen beitragen.

Praxisbeispiel: Aufbau neuer Kooperationspartner und Sensibilisierung für das Projektthema bei Schweizer Fachkolleg:innen (A European Network for Digital Undergraduate Research).

Verbesserung des Netzwerks in Asien sowie Lancierung eines ähnlichen Projektes in Peru (Interdisciplinary and Intercultural Exchange and Capacity Building on Circular Economy). 

Nachhaltigkeit und Inklusion

Beiträge zu sozialer Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Inklusion

Impact Studie: Drei von fünf Projekten der Strategischen Partnerschaften förderten soziale Inklusion und Nichtdiskriminierung.

Praxisbeispiel: Entwicklung von VR- und OER-Tools zur Sensibilisierung für biologisch abbaubare Kunststoffe und zur Förderung nachhaltiger Praktiken (FutureBIO).

Förderung von Bildungsgerechtigkeit (Learning from Inequality)

Gemeinschaftliches Engagement

Auswirkungen auf lokale Gemeinschaften, Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen oder Einfluss auf die öffentliche Politik

Impact Studie: 54 % der Organisationen gaben an, dass die Zusammenarbeit mit lokalen und nationalen Behörden durch ihre Strategischen Partnerschaften verstärkt wurde. 

Praxisbeispiel: Partnerschaften mit lokalen Gemeinschaften im Amazonasgebiet und der Zivilgesellschaft, darunter eine humanitäre Initiative mit der Schweizer Botschaft (Sustainable Entrepreneurship in the Amazon).

In den kommenden fünf Jahren erwarten die Projektbeteiligten aus den erzielten Resultaten einen noch breiteren Impact. Geplant sind die Etablierung von „Global Change-Makers“ unter den Absolvent:innen, die Verankerung neuer Kurse im Studienangebot, die Umsetzung von Spin-off-Projekten sowie die Fortführung multinationaler Bildungsprogramme. Zudem sollen die Projektergebnisse für Curricula-Revisionen, neue Projektanträge und erweiterte Anwendungskontexte für Studierende genutzt werden.

Dank der internationalen Erfahrung in der Projektzusammenarbeit haben die Projektbeteiligten neu gewonnene Erkenntnisse, die sie für die langfristige die Wirkung nutzen werden, um diese sogar zu weiter zu steigern. Für angehende Initiant:innen von internationalen Kooperationen empfehlen sie folgende Massnahmen

  • konsequente Zielorientierung über alle Projektphasen hinweg
  • gezielter Ausbau interner Unterstützung
  • Sicherung einer langfristigen Finanzierung
  • Aufbau eines systematischen Monitorings, etwa über ein Projektportfolio
  • Veranstaltung von regelmässigen Konferenzen oder Symposien für Sichtbarkeit von Projektergebnissen
  • stärkeres Bewusstsein für ökologische Auswirkungen
  • gezielte Förderung zusätzlicher Mittel für Kooperationen mit dem Globalen Süden

Fazit

Anhand der Umfrage konnten wir aufzeigen, wie Schweizer Hochschulen mit ihrer Beteiligung an internationalen Kooperationsprojekten einen längerfristigen Nutzen für unser Bildungswesen schaffen. Die Projektergebnisse von internationalen Kooperationen finden umgehend Anwendung in der Lehre und tragen zur qualitätvollen Weiterentwicklung der Internationalisierung unseres Bildungssystem bei.

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