Studierendenmobilität: Warum sind Frauen mobiler?

Die Gründe für die Teilnahme an einer befristeten Mobilität sind für junge Erwachsene je nach Geschlecht verschieden. Der Forscher Lucas Haldimann der Universität Lausanne versucht zu verstehen, warum Frauen mobiler sind als Männer und beschäftigte sich mit dem entsprechenden Entscheidungsprozess.

Drei Frauen sitzen gemeinsam an einem Tisch und lachen.

Verfügbare Daten und insbesondere eine umfangreiche Umfrage bei jungen Schweizerinnen und Schweizern (ch-x-Erhebung) ergaben, dass das Geschlecht bei der Entscheidung, an einer befristeten Mobilität (sowohl Bildungs- als auch Sprachaufenthalte oder Hochschulmobilitäten) teilzunehmen, eine wesentliche Rolle spielt: Frauen sind mobiler als Männer. Eine Feststellung, die Movetia bestätigen kann: 59 % der Teilnehmenden am Swiss-European Mobility Programme (SEMP) sind Frauen, nur 41 % sind Männer (Studierendenmobilität – Outgoing- Statistik 2019).

Arbeitsmarktfähigkeit vs. persönliche Entwicklung

Im Rahmen der Erhebung wurden 14 Gespräche mit Studierenden geführt. Basierend auf diesen Gesprächen wurden Hypothesen formuliert, welche Gründe junge Erwachsene dazu bringen, an einer befristeten Mobilität teilzunehmen. Diese Hypothesen wurden anschliessend anhand von Daten aus der umfangreichen ch-x-Erhebung validiert. Die Erhebung zeigt, dass die Motivation der Männer für eine Mobilität hauptsächlich auf sogenannt pragmatische Gründe (Karriereziele) zurückzuführen ist, während für die Frauen eher sogenannt hedonistische Gründe (Suche nach Unabhängigkeit) zählen. Hier einige Auszüge aus den Umfrageergebnissen:

  • «Männer tendieren dazu, Mobilitätskapital zu akkumulieren, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Sie streben oft danach, ihren Aufenthalt durch das Minimieren des Aufwands, den sie für die Mobilität betreiben müssen, und das Maximieren des Nutzens rentabel zu machen.»
  • «Auch die Frauen streben danach, Mobilitätskapital zu akkumulieren. Dieses wollen sie jedoch für persönlichere Zwecke, meistens in Verbindung mit ihrer Unabhängigkeit, einsetzen. Sie würdigen auch die Erfahrung an sich mehr als die Vorteile, die diese für den Arbeitsmarkt bietet.»
  • «Für die Wahl der Destination sind für Frauen meist persönliche Gründe entscheidend, nicht ein möglichst geringer Aufwand. Teilnehmerinnen informieren sich oft mehr über ihren Zielort und bereiten ihren Aufenthalt vor, was auch auf ein weniger grosses Sicherheitsgefühl zurückgeführt werden kann.»

Gezieltes Ansprechen der Männer

Männer führen weniger befristete Mobilitäten durch als Frauen; das ist eine Tatsache. Wie Umfrageergebnisse zeigen, könnte die Betonung des positiven Einflusses einer Mobilität auf die Vermittelbarkeit und eine einfachere Integration in den Arbeitsmarkt, eine Möglichkeit sein, mehr Männer für Auslandaufenthalte zu motivieren. Da Männer für dieses Argument empfänglicher zu sein scheinen, wäre für die Institutionen der Tertiärstufe vielleicht eine Förderkampagne mit diesem Fokus einen Versuch wert.

Mehr über die Methodik und die Ergebnisse dieser Umfrage finden Sie im Artikel «Indépendance ou employabilité : comment le genre influence-t-il les motivations des jeunes à entreprendre une mobilité temporaire?» von Lucas Haldiman (Universität Lausanne), den wir auf dieser Seite (PDF) verlinkt haben. Quelle: Revue Jeunes et Société, Band 6, Nummer 2, 2021 - Link zum Artikel

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