Sprachassistentin sammelt einmalige Erfahrungen in Spanien

Nuria Sublet-Favre ist die erste Schweizerin Sprachassistentin an einer spanischen Schule. Dort unterrichtet die Pionierin ihre Muttersprache Deutsch und sammelt wertvolle Erfahrungen für ihren späteren Lehrberuf. Im Erfahrungsbericht gibt sie Tipps für zukünftige Assistentinnen und Assistenten.

Ein Aufenthalt als Sprachassistent:in ist der ideale Weg, um Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern und Erfahrungen als Lehrperson zu sammeln. Sprachassistenzlehrpersonen unterrichten ihre Muttersprache, tauchen ein in die Kultur des Gastlandes und verbessern ihre Fremdsprachenkenntnisse. Ein Aufenthalt dauert zwischen sechs und neun Monaten.

Erfahrungsbericht von Nuria Sublet-Favre

Mein Name ist Nuria Sublet-Favre und ich bin seit Oktober 2019 als Sprachassistentin in der Schule IES Cardenal Cisneros in Madrid tätig. Ich habe meinen Bachelor in Germanistik und Hispanistik im Juni 2019 abgeschlossen. Da ich nicht gleich mit einem Master weitermachen wollte, sondern mir berufliche Erfahrungen wünschte, bewarb ich mich bei Movetia als „auxiliar de lengua“ in Madrid. Ich hatte durch meine Uni erfahren, dass es ab Oktober 2019 neuerdings die Möglichkeit für Sprachassistenzen in Spanien gibt.

Das Angebot deckte sich mit meinen Wünschen, denn nach drei Jahren Hispanistik-Studium war ich zwar fähig, Spanisch zu schreiben, hatte aber Mühe damit, Spanisch zu sprechen. Die Sprachassistenz in Spanien war also die ideale Lösung, weil ich sowohl die Berufserfahrung als auch das Spanischlernen miteinander verbinden konnte. Y aquí estoy…¡aprendiendo!

An dieser Stelle möchte ich aber auch erwähnen, dass es nicht zwingend notwendig ist, schon vor der Ankunft Spanisch zu sprechen. Mehrere Sprachassistenzlehrpersonen an meiner Schule sprechen gar kein Spanisch und kommen trotzdem zurecht, im Notfall eben mit Englisch.

Eine Statue in Madrid.

Ich arbeite an einer Schule im Zentrum der Stadt. Sie befindet sich in Malasaña, genauer gesagt an der Calle de los Reyes 4 in Madrid. Die meisten einer Schüler/-innen sind zwischen elf und fünfzehn Jahre alt. Ausser mir sind noch fünf weitere Deutsch-Sprachassistenzlehrpersonen angestellt; zwei aus Deutschland und drei aus Österreich. Wir verstehen uns alle sehr gut und unternehmen auch ausserhalb der Arbeitszeit viel zusammen. Die zentrale Lage ist ein grosser Pluspunkt, denn ich habe viele Kolleg/-innen kennengelernt, die einen weiten Arbeitsweg haben, mit bis zu eineinhalb Stunden pro Weg. Es ist anscheinend eine Glückssache, welcher Schule man zugeteilt wird.

Wir unterrichten jeweils kleine Gruppen von vier bis sechs Schülern und haben alle einen eigenen Raum zugeteilt bekommen, in dem wir mit ihnen arbeiten können. Da unsere Gruppen so klein sind, wird der Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern schnell persönlich, was ich sehr schön finde. Die kleinen Gruppen führen aber auch dazu, dass wir die einzelnen Schüler nicht regelmässig jede Woche sehen. Man kann also jeweils nicht auf dem bisherigen Unterrichtsstoff aufbauen. Manchmal vergehen mehrere Wochen, bis die gleiche Gruppe wieder im Unterricht zusammenkommt.

Unsere Aufgabe ist es nicht, mit den Schülern Grammatik zu machen. Vielmehr fördern wir mündliche Kompetenzen. Das heisst, wir müssen versuchen, sie zum Sprechen zu bringen. Am besten erreicht man dies durch spielerische Aktivitäten. In der Unterrichtsplanung können wir somit sehr kreativ sein!

Jeden Montag und Mittwoch von 17.30 bis 18.30 Uhr unterrichte ich ausserdem eine Gruppe von fünfzehn Primarschüler/-innen, die noch gar keine Deutschkenntnisse haben. Diese fangen also bei null an. Auch das ist eine interessante Erfahrung für mich. Zu Beginn dieser Aufgabe war ich sehr nervös, da ich eigentlich noch wenig (bis gar keine) pädagogische Erfahrung hatte, bevor ich nach Madrid kam. Meine einzige Tätigkeit als Lehrerin beschränkte sich auf Deutsch-Nachhilfestunden während meiner Studienzeit. Ich habe aber schnell gemerkt, dass meine Nervosität nicht nötig gewesen wäre, denn „meine“ Primarschüler sind motiviert und wirklich sehr süss. Die Stunden mit ihnen sind mittlerweile meine Lieblingsstunden geworden, auch, weil man ihre Motivation spürt und einen klaren Fortschritt beobachten kann.

Kulturelle Unterschiede zwischen Schweiz und Spanien gibt es viele. Die beiden Länder sind sich nicht gerade sehr ähnlich. Die grösste Differenz erkenne ich in der Organisation. Anfangs war ich jedes Mal überrascht, wenn organisatorische Fehler passierten. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und bin auch jederzeit darauf vorbereitet. Es passiert öfters, dass Unterrichtsstunden ausfallen. Ich komme beispielsweise am Montagmorgen um zehn Uhr zur Schule und mir wird gesagt, dass meine zwei ersten zwei Stunden nicht stattfinden. Zu Beginn meiner Sprachassistenz haben mich solche Situationen viele Nerven gekostet. Jetzt setze ich mich einfach mit meinem Buch in ein Kaffee, ärgere mich nicht darüber und denke: „Es ist einfach so!“

Ich unterrichte pro Woche nur sechzehn Stunden, das entspricht einem normalen Pensum für Sprachassistenzen. Mein Lohn beträgt 1000 Euro pro Monat. Für Spanien ist dies, angesichts des kleinen Pensums, ein sehr guter Lohn. Ich muss aber ehrlich sagen, dass trotzdem das Geld knapp ist für meinen Lebensunterhalt. Natürlich kommt es auf den Lebensstil an, aber die Sache ist Folgende: Da man sehr viel Freizeit hat, gibt man automatisch auch mehr Geld aus… Dazu kommt noch die Miete, die im Zentrum Madrids schnell 500 Euro pro Monat kostet. Aber: Es ist möglich, mit dem Lohn auszukommen, wenn man eher sparsam lebt. Ansonsten spricht ja nichts dagegen, einen zweiten Job anzunehmen. Die Zeit dafür hat man, und sowohl Deutsch als auch Französisch sind wichtige Sprachen, für die in Spanien immer wieder Lehrpersonen gesucht werden.

Was mir auch wichtig erscheint, das ist die Freizeitgestaltung. Weil man so viel Freizeit hat, sollte man auch gut damit umgehen können. Es ist zwar ein Luxus, derart wenige Pflichten zu haben, dies kann aber auch überfordern. Ein persönliches Projekt oder ein Hobby finde ich deswegen sehr hilfreich. Ich habe jetzt zum Beispiel angefangen Sport zu machen und Gitarrenstunden zu nehmen. Das gibt meinem Tag Struktur. Ausserdem profitiere ich von den unzähligen kulturellen Angeboten dieser Grossstadt. Diesen Aspekt geniesse ich sehr.

Eine andere Sache, die ich als schwierig empfand, ist die Wohnungssuche. Da ich aus persönlichen Gründen erst zwei Tage vor Unterrichtsbeginn nach Madrid ziehen konnte, musste ich mir mein Zimmer von der Schweiz aus suchen. Ich sagte also zu, ohne mir die Wohnung vorher angesehen zu haben. Das war ein Fehler. Als ich in der Wohnung ankam, war ich sehr überrascht. Das Zimmer sah überhaupt nicht so aus, wie auf den Bildern. Es war sehr heruntergekommen und schäbig. Dazu war die Wohnung von Kakerlaken infiziert, die sogar bis in die Schlafzimmer krochen. Der Anfang in dieser ekligen Wohnung war effektiv kein Vergnügen. Ich habe aber zum Glück schnell ein Zimmer in einer WG gefunden, in der ich nun sehr glücklich bin. Meine Empfehlung an künftige Sprachassistenzlehrpersonen wäre also Folgende: Eine Woche vor Arbeitsbeginn anreisen und die ersten paar Tage in einem Hostel wohnen, damit man sich das Wohnungsangebot vor Ort anschauen kann. Für diejenigen, die gerne Spanisch lernen wollen, bietet es sich natürlich an, mit spanischsprachigen Menschen zusammenzuwohnen. Auch wenn es am Anfang vielleicht ein wenig Überwindung braucht, lohnt sich das, denn man macht so definitiv schneller sehr grosse sprachliche Fortschritte.

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  • Unterrichtserfahrung sammeln

    Studierende oder Absolvent:innen einer Hochschule arbeiten als Sprachassistent:in an einer Gastschule in einem anderen Land.

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