Eine Sprachassistentin spricht über ihre Erfahrungen in Wien
Für Manon Wisard war es die perfekte Gelegenheit, um Praxiserfahrung im Lehrberuf zu sammeln und eine neue Kultur kennenzulernen. Als Sprachassistentin arbeitete sie für ein Schuljahr an zwei Wiener Gymnasien und brachte dort Schülerinnen und Schülern ihre Muttersprache Französisch näher.
Mein Name ist Manon Wisard, ich bin 23 Jahre alt und komme aus Genf. Nachdem ich meinen Bachelor in Übersetzung Französisch-Deutsch-Englisch an der Universität Genf absolviert hatte, beschloss ich, meinen Horizont zu erweitern und meine Muttersprache, Französisch, in Österreich zu unterrichten.
Da ich seit vielen Jahren von Sprachen und kulturellem Austausch fasziniert bin, hatte ich bereits mehrere Sprachreisen unternommen, um mein Deutsch zu perfektionieren. Vor meinem Maturaabschluss hatte ich ein Jahr lang eine öffentliche Schule in Wien besucht. Ich hatte mich schnell in die Stadt verliebt und nutzte ein ERASMUS-Semester, um während meines BA-Studiums dorthin zurückzukehren. Meine Deutschkenntnisse waren also schon sehr fortgeschritten, aber die Erfahrung durch als Sprachassistentin hat mir ermöglicht, noch sehr viel mehr über das Land, seine Kultur, seine Dialekte, seine Geschichte, seine Musik und seine Schulen zu entdecken.
zwei Schulen, eine Unterrichtskultur
Die mir zugeteilten Schulen sind das Döblinger Gymnasium und das Billrothgymnasium. Beide Schulen sind im 19. Wiener Bezirk. Ende September bietet das österreichische Bildungsministerium ein Seminar zur Vorbereitung auf das Jahr an. Es wird ein wenig über die Didaktik der französischen Sprache gesprochen und anschliessend einige Tipps und Ideen für den Unterricht besprochen. Als ich in Österreich ankam, halfen mir die beiden Schulen dabei, einen Stundenplan zu erstellen, der es mir ermöglichte, problemlos zwischen den beiden Orten zu wechseln. Wenn man an zwei Schulen arbeitet, befinden sich diese in der Regel nur wenige Schritte voneinander entfernt (außer es handelt sich um einen abgelegenen Ort). Ich wurde an beiden Schulen herzlich empfangen und die Lehrer schenkten mir bald ihr Vertrauen, sodass ich viel Freiheit bei der Unterrichtsgestaltung hatte. Schnell wurde ich vom gesamten Team und von den Schülerinnen und Schülern akzeptiert. Die Schüler:innen freuen sich im Allgemeinen über die Anwesenheit einer Assistenzperson. Der Unterricht wird damit dynamisch, spielerisch und effizient gestaltet. Weil keine Bewertung seitens der Assistenzperson erfolgt, sind die Schülerinnen und Schüler entspannt und motiviert, die Sprache zu erlernen.
viele Klassen, kleine Unterrichtsgruppen
Natürlich ist jede Klasse anders und die Anpassung der Aktivitäten an jedes Alter und jede Klassendynamik ist von grosser Bedeutung. Die Schüler:innen waren zwischen 11 und 18 Jahre alt. Meist unterrichtete ich zwischen 8 und 15 Personen, gelegentlich bis zu 20. Der Unterricht in Kleingruppen ist interaktiver und bietet die Gelegenheit, die Schüler:innen persönlich kennen zu lernen. Wenn man bedenkt, dass ich an beiden Schulen insgesamt etwa 15 verschiedene Klassen unterrichtete und jede Klasse nur einmal pro Woche sah, war diese Anzahl an Schüler:innen ideal. Das Arbeitspensum belief sich auf 13 Stunden Unterricht in der Klasse pro Woche. In der restlichen Zeit konnte ich mich auf den Unterricht vorbereiten.
Rolle als Sprachassistentin
Die Rolle einer Sprachassistenz in einer Klasse hat viele Vorteile: Da wir jünger sind als der Rest der Lehrpersonen und aus einem anderen Land kommen, sind wir meist bei den Schülerinnen und Schülern sehr beliebt. Wenn Assistentinnen und Assistenten ihre Assistenzzeit beginnen, hat der Unterricht in den Schulen bereits seit einigen Wochen begonnen. Dies gibt den Lehrpersonen die Möglichkeit, eine Dynamik in ihre Klassen zu bringen, das Programm zu beginnen und den Besuch eines Muttersprachlers oder einer Muttersprachlerin anzukündigen. Ich habe mich zum Start auf spielerische Weise vorgestellt. Ich habe mich für eine umfassende Vorstellung entschieden, um bei den Schülerinnen und Schülern die Neugier zu wecken und Vertrauen zwischen mir und den Kindern aufzubauen. Die Sprachbarriere kann einige davon abhalten, in der Klasse zu sprechen. Das ist schade, kann aber durch kleine Massnahmen vermieden werden. Dadurch habe ich gelernt, mit meinen Schülerinnen und Schülern so zu kommunizieren, dass ein wohlwollendes Klima entsteht. Ich finde, dass ist ein weiterer Lernprozess, den alle Assistenzlehrpersonen für ihr ganzes Leben mitnehmen können. Das Spiel ist ein weiterer Faktor, der bei den Schülerinnen und Schülern beliebt macht. Die Kollegen erwarten nicht von uns, dass wir neue grammatikalische Punkte präsentieren. Das ist nicht unsere Aufgabe. Stattdessen sind wir dafür verantwortlich, dass die Schülerinnen und Schüler ihre mündlichen Sprachkenntnisse auf spielerische Art verbessern. Die Lehrer unterrichten die Sprache und wir sind dazu da, sie lebendig zu machen! Die Rolle des Assistenten erfordert viel Kreativität sowie eine gute Anpassungsfähigkeit, um Aktivitäten vorzubereiten, die in verschiedenen Klassen, Altersgruppen usw. effektiv sind.
Horizonte erweitern
Dieses Förderangebot ist eine bereichernde Erfahrung, da ich mit einem Dutzend Lehrpersonen und mehreren Schulen zusammenarbeiten konnte: Man entdeckt und erprobt eine Vielzahl von verschiedenen Methoden! Dies ist eine Gelegenheit für alle zukünftigen Lehrpersonen um zu trainieren, zu testen, zu korrigieren, zu entdecken und zu wachsen. Es ist eine perfekte Gelegenheit, in die Berufswelt einzusteigen, seine Sprachfähigkeiten zu verbessern, zu reisen und eine Kultur zu leben (was gibt es Besseres, als den Alltag der einheimischen Kinder zu sehen?). Das Förderangebot Sprachasistenz im Ausland bietet zudem die Möglichkeit, sich für Pädagogik zu sensibilisieren sowie persönlich an der Aufgabe zu wachsen, jungen Menschen etwas über die eigene Sprache und Kultur beizubringen. Ich bin mittlerweile aus Österreich zurückgekehrt und möchte nun neben meinem Studium weiterhin unterrichten.
Ich denke, diese Beschreibung meines Jahres mit Movetia spiegelt gut wider, dass ich sehr dankbar bin, als Sprachassistentin gearbeitet zu haben. Die persönlichen Erinnerungen und das berufliche Werkzeug, das ich mitnehme, werden mich begleiten, egal welchen Weg ich schliesslich gehen werde: Übersetzen, Unterrichten, in der Schweiz oder wer weiß, vielleicht in Österreich!